Betriebsunterbrechung aufgrund COVID-19: erstes Gerichtsurteil gegen Versicherer


In Österreich bestätigte nun erstmals ein Gericht die Zahlungspflicht eines Versicherers aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung (BUV).

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Seit März 2020 sind die sogenannten Seuchenklauseln in Betriebsunterbrechungsversicherungen (BUV) in den Fokus vieler Unternehmer geraten, deren Betrieb aufgrund behördlicher oder gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Pandemie schließen musste.

Die Abdeckung des Risikos einer Betriebsunterbrechung aufgrund von Seuchen muss stets ausdrücklich einem Versicherungspaket hinzugefügt werden.

Diese sogenannten Seuchenklauseln in Versicherungsverträgen können je nach Versicherer unterschiedlich gestaltet sein. Daher nutzen Versicherungen unterschiedliche Argumente, um eine Inanspruchnahme aus der BUV abzuwehren Solche Argumente sind etwa, dass COVID-19 nicht ausdrücklich in der Polizze genannt ist, nur behördliche und vollständige Betriebsschließungen aufgrund des Epidemiegesetzes versichert sind, etc. Es ist naheliegend, dass eine Klärung der Versicherungsdeckung häufig vor Gericht erfolgen muss.

Erstes Urteil zugunsten des Versicherten

In Österreich erging am 4. August 2020 ein erstes Urteil in einem solchen Gerichtsstreit: Das Landesgericht Feldkirch hat den Anspruch eines Hoteliers aus einer BUV bestätigt.

Das Hotel musste zunächst aufgrund einer Verordnung der Bezirkshauptmannschaft auf Basis des Epidemiegesetzes für 11 Tage schließen. Danach erfolgte mit Verordnung des Landeshauptmannes ein Betretungsverbot von Beherbergungsbetrieben für Touristen auf Basis des COVID-19-Maßnahmengesetzes.

Die BUV des Hoteliers sah einen Versicherungsschutz vor, falls „aufgrund des Epidemiegesetzes […] der […] Betrieb von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Seuchen geschlossen wird“.

Der Versicherer leistete für die ersten 11 Tage eine Entschädigung, da es sich in diesem Zeitraum um eine behördliche Betriebsschließung aufgrund des Epidemiegesetzes zur Verhinderung der Verbreitung von Seuchen gehandelt hatte. Die Leistung einer darüber hinausgehenden Entschädigung verweigerte der Versicherer jedoch mit dem Argument, dass nur Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz (nicht aber nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz) und nur Betriebsschließungen (nicht aber Betretungsverbote) von der BUV gedeckt seien.

Nach Ansicht des Gerichts kommt dieses Betretungsverbot allerdings einer „faktischen Betriebsschließung“ gleich. Außerdem stellte das Gericht fest, dass die Verordnung des Landeshauptmannes keinem anderen Zweck diente als die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft, nämlich der Verhinderung der weiteren Ausbreitung von COVID-19. Dies bestätigen auch die Gesetzesmaterialien zum COVID-19-Maßnahmengesetz.

Daher könne ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass eine nachträgliche Gesetzesänderung bei einer faktisch durchgehenden behördlich bedingten Betriebsunterbrechung nicht zu einem nachträglichen Wegfall des bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes führt. Eine Änderung des übernommenen Risikos alleine aufgrund einer Gesetzesänderung schien dem Gericht als unbillig.

Ähnliche Situation in Deutschland

Nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland verweigern Versicherer die Zahlung aus BUV, weil Betriebsschließungen aufgrund COVID-19 nicht ausdrücklich in den BUV-Bedingungen erwähnt sind. Zeitungsberichten zufolge sprach Anfang Oktober nun auch das Landgericht München einem Wirt die Entschädigung aus der BUV zu und sah dabei die Versicherungsbedingungen als intransparent an.

Richtungsweisende Entscheidung?

Die erstinstanzliche Entscheidung des Landesgerichts Feldkirch macht den betroffenen Unternehmern zwar Hoffnung. Eine Unterschiedliche Beurteilung kann aber etwa aufgrund unterschiedlicher Formulierungen von Seuchenklauseln sowie bei unterschiedlicher Betroffenheit von Unternehmen durch COVID-19 Maßnahmen erforderlich sein. So ist ein Hotelier anders vom behördlichen Betretungsverbot als etwa ein Restaurant oder Bekleidungsgeschäft betroffen, weil letztere weiterhin Essen bzw. Bekleidung verkaufen können. Daher ist ein Anspruch aus einer BUV in Einzelfall genau zu prüfen. Auch ist weiterhin abzuwarten, wie der Oberste Gerichtshof die Pflichten von Versicherern aus BUV bei COVID-19 Maßnahmen beurteilt.