Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) befasst sich mit der Frage, wann grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 61 Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) vorliegt, wodurch der Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit wird.
Ein Autofahrer war aufgrund des Hupsignals eines sich hinter ihm befindlichen Verkehrsteilnehmers im Glauben er handle rechtmäßig trotz Rotlichts in eine Eisenbahnkreuzung eingefahren und hatte dadurch eine Kollision verursacht. In der Folge ging es um die Frage, ob diesem Autofahrer grobe Fahrlässigkeit im Sinne der oben genannten Bestimmung vorzuwerfen war.
Nach der einschlägigen Rechtsprechung ist grobe Fahrlässigkeit im Versicherungsvertragsrecht gegeben, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen wurden, die jedermann einleuchten müssen. Das Verhalten muss eine auffallende Sorglosigkeit darstellen und sich in dieser Eigenschaft aus der Menge der auch für den Sorgsamsten nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens als auffallende Sorglosigkeit herausheben.
Die Prüfung des Vorliegens eines solchen Verschuldensgrades ist laut OGH stets eine Einzelfallbeurteilung. Dass das eingangs geschilderte Verhalten des klagenden Versicherungsnehmers ein solches auffallend sorgloses Verhalten (und damit grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 61 VersVG) darstellt, wurde vom Berufungsgericht in diesem Fall zu Recht entschieden. Denn die Gefahrensituation war dem Kläger offenkundig: Hätte er nach rechts geblickt, hätte er den herannahenden Zug erkennen können. Aufgrund des Rotlichts und des herannahenden Zuges hätte er nicht in die Eisenbahnkreuzung einfahren dürfen.